Forschungsgruppe SINES

Schulbasierte Interventionen bei Expansiven Störungen

Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) führen im Kontext von Schule und Ganztagesbetreuung in der Schule bei den Betroffenen zu erheblichen Funktionseinschränkungen und Belastungen und auch das schulische Umfeld (Lehrer, Betreuer, Mitschüler) ist dadurch meist deutlich belastet. Im Zuge der Veränderungen in der Schullandschaft (Ganztagsbetreuung, Inklusion) wächst die Bedeutung dieses Problems.

Ziel der Forschungsgruppe SINES ist es, Interventionen zu entwickeln und zu evaluieren, die unmittelbar am schulischen Kontext ansetzen und zur Verminderung der Problematik sowie der damit verbundenen Funktionseinschränkungen beitragen können. In einer ersten Studie wurde eine Fortbildungsmaßnahme für pädagogische Mitarbeiter offener Ganztagsschulen zur Förderung eines konzentrierten Arbeitsverhaltens in der Lernzeit entwickelt und evaluiert. Dabei ließen sich in einzelnen Bereichen günstige Veränderungen im Verlauf der Intervention belegen (Hanisch et al., 2014, 2017; Richard, 2017). In einem weiteren Projekt wurde das Schulbasierte Coaching bei Kindern mit expansivem Problemverhalten (SCEP) entwickelt (Hanisch et al., 2018)., bei dem Grundschullehrer angeleitet werden Interventionen zur Reduktion expansiven Problemverhaltens im Unterricht durchzuführen. In einem Eigenkontrollgruppen-Design konnte bei n=60 Schüler:innen externales Problemverhalten durch SCEP im Vergleich zur vorhergehenden Wartezeit deutlich reduziert werden (Hanisch et al., 2020). In Kooperation mit dem Projekt ESCA wurde zudem ein Selbsthilfeprogramm für Lehrkräfte von Kindern mit externalem Problemverhalten entwickelt, das gegenwärtig auch evaluiert wird. 

Finanzierung
  • Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Uniklinik Köln 
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Erasmus+ Cooperation partnerships in school education 
Publikationen

Döpfner, M., Eichelberger, I., Dose, C., Hanisch, C., Schürmann, S. & Wolff Metternich-Kaizman, T. (2021). Den Alltag meistern mit ADHS. Das Arbeitsbuch für Lehrkräfte von Kindern im Alter von 6-12 Jahren. Göttingen: Hogrefe.

Döpfner, M., & Frölich, J. (2007). ADHS und Schule. Kinderärztliche Praxis, 77, Sonderheft ADHS, 4. 

Döpfner, M., Wolff Metternich, T., & Schürmann, S. (2007). Konfliktfeld Schule: Kooperation mit der Schule in der Diagnostik und Therapie der ADHS – Notwendigkeiten und Herausforderungen. Kinderärztliche Praxis, 77, Sonderheft ADHS, 8-13. 

Eichelberger, I., Hanisch, C. & Döpfner, M. (2015). How effective is teacher coaching in reducing externalizing behavior problems in primary school children. European Child & Adolescent Psychiatry, 24 (Suppl. 1), S18.

Frölich, J., Breuer, D., Döpfner, M., & Amonn, F. (2012). Effects of a teacher training programme on classroom behaviour of children with symptoms of Attention Deficit Hyperactivity Disorder and Oppositional Defiant Disorder: a community based approach. International Journal of Education, 27(3), 76-87.

Frölich, J., Döpfner, M., & Banaschewski, T. (2014). ADHS in Schule und Unterricht. Pädagogisch-didaktische Ansätze im Rahmen des multimodalen Behandlungskonzepts. Stuttgart: Kohlhammer.

Frölich, J., Döpfner, M., Biegert, H., & Lehmkuhl, G. (2002). Praxis des pädagogischen Umgangs von Lehrern mit hyperkinetisch-aufmerksamkeitsgestörten Kindern im Schulunterricht. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 51, 494-506. 

Hanisch, C. & Döpfner, M. (2014). Aufmerksamkeit macht Schule: Entwicklung und Evaluation einer Fortbildungsmaßnahme für pädagogische Mitarbeiter offener Ganztagsschulen zur Förderung einen konzentrierten Arbeitsverhaltens während der Lernzeit. In Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.), Bildungsforschung 2020 - Herausforderungen und Perspektiven (S. 235- 243). Bonn: BMBF (http://www.bmbf.de/pub/BMBF-Bildungsforschung_Band_40.pdf).

Hanisch, C., Eichelberger, I., Richard, S., & Döpfner, M. (2017). Interventionen bei expansivem Problemverhalten in der Grundschule. In C. Gräsel & K. Trempler (Eds.), Entwicklung von Professionalität pädagogischen Personals. Interdisziplinäre Betrachtungen, Befunde und Perspektiven (pp. 175-194). Wiesbaden: Springer VS.

Hanisch, C., Richard, S., Eichelberger, I., Greimel, L., & Döpfner, M. (2018). Schulbasiertes Coaching bei Kindern mit expansivem Problemverhalten (SCEP). Göttingen: Hogrefe.

Hanisch, C., Eichelberger, I., Richard, S., & Döpfner, M. (2020). Effects of a modular teacher coaching program on child attention problems and disruptive behavior  and on teachers' self-efficacy and stress. School Psychology International, 41, 543- 568. doi: 10.1177/0143034320958743

Richard, S., Eichelberger, I., Döpfner, M. & Hanisch, C. (2015). Schulbasierte Interventionen bei ADHS und subklinische Ausprägungen von Aufmerksamkeitsstörungen. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 29, 5-19.

Dissertationen & Masterarbeiten

Sommer, M. Wirksamkeit und Klinische Signifikanz des Basistrainings im KIDS-Programm. Masterarbeit, Humanwissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln, Master Psychologie.

Richard, S. (2017). Schulinterventionen bei der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und deren subklinischen Erscheinungsformen. Dissertation, Medizinische Fakultät der Universität zu Köln

Aktuelle Teilprojekte

SINES-3 Teaching ADHD Children (TAC)

Entwicklung und Evaluation eines Trainingsprogrammes für Lehrkräfte von Schülern mit ADHS

Forschungsteam
Charlotte Hanisch & Manfred Döpfner (beide federführend), NN

Laufzeit
Voraussichtlich bis 2024

Zielsetzung
Das geplante Projekt zielt darauf ab, geeignete Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer bereitzustellen und deren Einbeziehung zu fördern, um

  • Lehrer (der Primar- und Sekundarstufe) für AD(H)S bei Schülern zu sensibilisieren und sie über das Störungsbild und die Ursachen von AD(H)S, sowie den Einfluss auf die schulischen Leistungen, zu informieren.
  • eine verfrühte AD(H)S-Diagnose und medikamentöse Behandlung zu verhindern und sicherzustellen, dass auch andere mögliche Ursachen für das unruhige Verhalten von Kindern berücksichtigt werden.
  • die Lehrer im Umgang mit Schülern mit AD(H)S zu unterstützen und ihnen ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, um die wichtigste Aufgabe der Bildung zu erfüllen: Eine erfolgreiche Sozialisierung.
  • die Chancengleichheit in der Schule zu fördern und die Integration von Schülern mit AD(H)S zu verwirklichen.
  • zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche, die von AD(H)S betroffen sind, die Schule vorzeitig verlassen oder ihr Bildungspotenzial nicht voll ausschöpfen.

Methoden
Die Schulungsprodukte werden in Englisch, Deutsch, Bulgarisch und Portugiesisch verfügbar sein.

  1. Ein vollwertiges Lehrerausbildungsmodul für die persönliche Erstausbildung von Lehrern und die berufsbegleitende Lehrerausbildung, das sich auf praktische Fertigkeiten für den erfolgreichen Unterricht in neurodiversen Klassen mit Schülern, die AD(H)S-relevante Verhaltensweisen zeigen, konzentriert. Dieses kann in die Lehrpläne der Erstausbildung von Lehrern und der berufsbegleitenden Lehrerausbildung von Lehrern der Primar- und Sekundarstufe in Europa implementiert werden. Dieses Modul umfasst den Lehrplan, die Lerneinheiten, die Beschreibung der Gestaltung praktischer Lernprojekte und geeignete Beurteilungsverfahren und -methoden, voraussichtlich im Umfang von 6 ECTS (R2).
  2. Ein reduziertes, frei zugängliches Online-Lernprogramm (ohne den praktischen Teil) für Lehrkräfte und Lehramtsstudenten, die nicht die Möglichkeit haben, an einem vollwertigen Ausbildungsmodul teilzunehmen. Dieses umfasst Möglichkeiten zur Selbsteinschätzung, multimediale Inhalte wie interaktive Animationsvideos, um das Lernen so anschaulich und praxisorientiert wie möglich zu gestalten, bereitgestellt auf der Lehr- und Lernplattform moodle, zusammen mit einer Ressourcenbasis für TAC-Tools, die im Unterricht eingesetzt werden können, einer digitalen Version des Lehrerhandbuchs (siehe Punkt 3) sowie einem E-Verzeichnis kuratierter zusätzlicher Ressourcen, Methoden, Werkzeuge und bewährter Verfahren.
  3. Eine Basislektüre für Lehrkräfte, die (noch) nicht an den TAC-Fortbildungsangeboten teilnehmen, aber das Bedürfnis haben, sich zeitnah zu informieren und zu orientieren: Praxisorientierter Lehrerleitfaden zu Grundlagen, Sensibilisierung und ersten Handlungsanweisungen im Hinblick auf die Arbeit in Klassen mit AD(H)S-relevantem Verhalten (R4).
  4. Dokumentation der Pilotphase des TAC-Schulungsmoduls mit mindestens 40 Lehrkräften in Ausbildung zusammen mit einem wissenschaftlichen Begleitbericht zur Abschätzung der Wirkung. 

Ergebnisse
Das Projekt beginnt im Februar 2022